Kathrin Seiler, geschäftsführende Vorständin des Kreis-Caritasverband Rottal-Inn e. V., erklärte, dass sich die Preisträger*innen, die Seiler als Heldinnen und Helden bezeichnete, ganz nach dem Caritasmotto "Not sehen und handeln" für andere eingesetzt haben, was nicht selbstverständlich ist. Seiler konnte neben MdB Marlene Schönberger und Pfarrkirchens Bürgermeister Wolfgang Beißmann Vertreter*innen der Unterstützer der Projekte "Wir gegen Gewalt" und des Zivilcouragepreises, Vertreter*innen des Stadtrats, der Kooperationspartner, der Schulen, Ämter und der Polizei herzlich begrüßen. Ihr Dank galt allen Unterstützern. Ohne ihre Hilfe wäre dies alles nicht möglich. Über ihre weitere Unterstützung würden wir uns alle sehr freuen, so Seiler. Seiler dankte auch den Streetworkern: "Ihr alle habt euch mit viel Herzblut und Engagement für diese Projekte eingesetzt. Mit den Worten: "Träger von Streetwork ist nicht nur die Caritas, sondern auch die Katholische Jugendfürsorge", gab Seiler das Wort an Gerlinde Fechtner, Leiterin der offenen Behindertenarbeit der Kath. Jugendfürsorge in Eggenfelden weiter. Fechtner erklärte, dass die Streetworker täglich engagierte Arbeit für die Jugendlichen leisten. Ohne Unterstützung wäre dies aber in diesem Umfang nicht möglich. "Lassen sie uns heute begegnen und austauschen und für die Jugendlichen da sein", so Fechtner.
MdB Marlene Schönberger weiß, dass Gewalt alle betrifft. Sie selbst wisse, was es bedeutet, angegriffen zu werden. Sie habe ein Team um sich und genießt als MdB besonderen Schutz. Diesen Schutz haben Menschen nicht, wenn sie "anders" sind. Hass kann schnell zu Gewalt werden und im schlimmsten Fall tödlich enden. Oft sind es nur Einzelne, die Menschen verachten und diskriminieren. Leider, so Schönberger, gibt es auch eine schweigende Mehrheit. Man braucht Leute, die sich etwas trauen. Man muss lernen, was Respekt bedeutet und wie man helfen kann. Und das leistet "Wir gegen Gewalt" an den Schulen. Durch dieses Projekt werden junge Menschen gestärkt. Ihr Streetworker gebt den jungen Menschen dadurch einen ganzen Werkzeugkasten an die Hand. Man braucht Mut, um aktiv zu werden. Sie, so Schönberger, freue sich jetzt auf diese mutigen Menschen. Schönberger bat alle selbst mutig zu sein, sich für eine Gesellschaft ohne Angst einzusetzen, in der jeder sein kann wie er ist.
Bürgermeister Wolfgang Beißmann erklärte: "Wir wollen hier nicht zudecken, wir wollen offensiv informieren und motivieren. Nicht wegschauen und nicht ignorieren. Wichtige Hinweise an die Polizei weitergeben können." Diese Themen werden von den Workshops aufgegriffen. Beißmann findet es wichtig, dass die Streetworker motivieren und sensibilisieren. Jeder ist froh, wenn er in einer Extremsituation Unterstützung erhält. An die Streetworker gewandt, meinte Beißmann: "Eure Arbeit ist sehr wertvoll." Beißmann warb dafür, dass das Projekt "Wir gegen Gewalt" weiterhin von Vielen unterstützt wird: Bitte unterstützen Sie "Wir gegen Gewalt". Hier steckt so viel Herzblut und Engagement drinnen. Es wäre schade, wenn es dieses Projekt nicht mehr geben würde. Bitte werben sie für dieses tolle Projekt". Die Stadt Pfarrkirchen hat bereits 2.500 Euro Unterstützung für die Pfarrkirchener Schulen zugesichert.
Streetworker Jakob Kandlbinder erklärte, dass der Preis schon vor Corona ins Leben gerufen wurde. Grundidee war, dass es viele Notfälle oder Situationen gibt, in denen Menschen nicht eingegriffen haben. So stellte sich im Team die Frage, was man hier machen kann um dieses Thema auch an die Öffentlichkeit zu bringen. Wir wollten positive Handlungen auszeichnen und so wurde der Zivilcouragepreis ins Leben gerufen. Der Workshop "Wir gegen Gewalt" soll die Kompetenzen der Einzelnen fördern und stärken um helfen zu können ohne sich selbst zu gefährden. Die Verleihung dieses Preises soll nicht nur das Thema Zivilcourage in die Öffentlichkeit holen und so positiv bestärken, sondern auch für zukünftiges couragiertes Handlen konkrete praktische Anreite setzen, den so Kandlbinder. Denn bei einer Entscheidung ob Zivilcourage gezeigt wird, spielen viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle: Z.B. wird immer auch eine Abwägung getroffen, ob die positiven oder negative Folgen des eigenen Handelns überwiegen. Kandlbinder dankte den Unterstützern für das Preisgeld: Landkreis Rottal-Inn, Stadt Pfarrkirchen, Oswald Stiftung, Sparkasse sowie Weko Wohnen. Dazu konnte er neben Bürgermeister Wolfgang Beißmann auch Markus Oswald von der Oswald Stiftung, Andreas Scheuer von Weko Wohnen sowie Sparkassendirektor Wolfgang Pannermayr und Günter Baumgartner von der Sparkasse Rottal-Inn begrüßen.
Es folgte die Preisverleihung. Streetworkerin Sarah Wasner (Streetwork Eggenfelden) überreichte den Preis und die Urkunde an die Geschwister Alexandra und Franz Stöger. Sie haben in zwei Situationen geholfen. Einmal haben sie am Hauptbahnhof in München einem Menschen in einer lebensbedrohlichen Situation geholfen und einmal bei einem Verkehrs-Unfall. Sie haben die Rettungskräfte alarmiert, waren Ersthelfer, haben den Verkehr geregelt.
Daniela Kuttenhofer, Streetworkerin in Arnstorf, gratulierte Nadine Schmidbauer zum Preis. Sie hat sich einem angetrunkenen Passanten am Gymnasium entgegengestellt, der jüngere Mitschüler in rassistischer Weise beleidigt hat und auf diese losgehen wollte.
Jakob Kandlbinder, Streetwork Pfarrkirchen, gratulierte Simon (Nachname wird auf Wunsch nicht genannt). Er hat verhindert, dass ein Besucher bei seiner Schwester übergriffig wurde. Simon war damals 13 Jahre (der Fall ereignete sich vor Corona).
Karina Weiß (Streetwork Simbach) berichtete von Finnley Schönebaum. Im Rahmen einer Abschlussfahrt nach Wien wurde Finnley Schönebaum auf eine Passantin aufmerksam, die am Stephansplatz gestolpert war und sich schwerer verletzte. Trotz Druck der Gruppe rief Finnley den Rettungswagen und stand der Frau bei.
Nici Müller (Streetwork Simbach) erzählte, von Elias Zillner. Er hat hingeschaut und geholfen, als in der Familie eines Freundes ein Streit eskaliert ist. Er hat die Polizei gerufen und ist dem Freund beigestanden.
Alle Preisträger erhielten zum mit 300 Euro dotierten Preis noch eine Urkunde und viel Applaus.
Elias Zillner trug noch ein selbst verfasstes Gedicht zum Thema Zivilcourage vor. Darin ging es um die Angst zu scheitern, Ängste zu überwinden, den Funken der Hoffnung zu entzünden, um Ermutigung und Zusammenhalt. Fazit: Zivilcourage zeigt, wer Gutes tut. Hierfür gab’s ebenfalls viel Applaus.
Anschließend informierte Daniela Kuttenhofer über den Workshop "Wir gegen Gewalt". Im Schuljahr 2023/2024 nahmen 44 Klassen aus Pfarrkirchen, Eggenfelden, Simbach, Arnstorf sowie Gangkofen und Wurmannsquick teil. Durchgeführt wird der Workshop von je einem Streetworker und einem Co-Trainer. Das Ziel sei es, dass jede Klasse im Landkreis einmal den Workshop durchläuft. Beeindruckt zeigten sich die Anwesenden, dass seit 2010 rund 13.000 Schüler*innen aus 529 Klassen am Workshop teilgenommen haben. Kuttenhofer informierte auch über die Inhalte des Workshops. Es geht hier u. a. um Risikoeinschätzung und Gefahrenvermeidung, Deeskalationstechniken, wie bekomme ich Hilfe?, Selbstbehauptung bei sexualisierter Gewalt. Es wird Selbstverteidigung geübt und über Hilfsmittel in der Notwehr informiert. Kuttenhofer erklärte, dass hier auch Kosten entstehen, für die Ausbildung und die Arbeit der Co-Trainer und für das Anschauungsmaterial. Die Sponsoren von Wir gegen Gewalt in diesem Schuljahr sind: Landkreis Rottal-Inn, Stadt Pfarrkirchen, Markt Arnstorf, Weko Wohnen, Sparkasse Rottal-Inn, Oswald Stiftung, Lindner Group Arnstorf, Rotary Club Rottaler Land, Rotary Club Eggenfelden-Pfarrkirchen.
Sarah Wasner stellte dann die Evaluation 2023/2024 vor. Nach ca. 2-6 Wochen wird anonym abgefragt, wie z. B. "Du wirst provoziert, bedroht oder beleidigt. Weißt du, was du machen kannst, damit es zu keiner Schlägerei kommt?" oder "Du wirst belästigt oder begrapscht. Weißt du, was du machen kannst, damit die Person damit aufhört?". Weiter Fragen sind "Du wirst geschlagen oder festgehalten. Weißt du, wie du dich wehren oder losreißen kannst?", "Denkst du, dass du dich in zukünftigen Gefahrensituationen sicherer fühlen wirst?". Hier gab es durchweg sehr viele positive Antworten, bis zu 85 %. 8 von 10 Schüler*innen würden den Workshop weiterempfehlen. Wasner meinte, dass man anhand der guten Zahlen sehe, dass der Workshop sehr gut angenommen wird und etwas bewirkt.
Karina Weiß fand eindringliche Worte: "Ohne die Sponsoren, die das Projekt "Wir gegen Gewalt" unterstützen, wären wir aufgeschmissen. Es ist nicht selbstverständlich, dass man sich in diesem Bereich engagiert." Und natürlich ginge es auch ohne die Schüler nicht. Sie dankte den Vertreter*innen der Schulen für ihre Unterstützung. Sarah Wasner hatte für alle als kleines Danke selbstgemachte Schokolade dabei. Jakob Kandlbinder bedankte sich bei seinen Kolleginnen mit einem kleinen Präsent. Im Anschluss gab es noch viele interessante Gespräche unter den Anwesenden.